© Darkwulf
Nebelschwaden waberten über den feuchten, lehmigen Boden, der hier und da wie kleine Inseln aus dem Sumpf hervorstach. Die feuchte, warme Luft wurde nur ab und zu von kühleren, stoßweise auftretenden Winden, die vom Meer kamen unterbrochen. Unzählige Insekten verschiedenster Arten und Farben tummelten sich im Schatten der düster anmutenden, knorrigen Bäume.
Man konnte von überall her das sirren ihrer Flügel hören und von so manchen die Stiche spüren, die einen gerne des Nachts plagten. Auch zu erblicken waren die blubbernden großen und kleinen Blasen, die hier und dort manchmal an der Sumpfoberfläche zu Tage traten. Sein Blick fiel auf einen unscheinbaren, grauen Stein, der zum teil von dunklem Moos überzogen war. Prüfend nahm er ihn sorgsam auf und fuhr mit seinen Krallen über die mit Schriftzeichen überzogene, raue Oberfläche.
Seine rechte Hand fuhr in einen seiner Beutel und holte eine kleine Lesebrille hervor, die er aufsetzte. Aus seinen jahrelangen Studien heraus erkannte er diese Schrift, die er als eine Vorstufe des Chrmk identifizierte. Er konzentrierte sich und nahm nach kürzester Zeit einen tiefroten, irisierenden Farbschleier war, der das Objekt einhüllte. Abermals sammelte er seine Kräfte und nahm nach einer Weile mehr Einzelheiten war. Nun konnte er ein Wirrwarr aus farbigen Fäden erkennen, die sich um den unförmigen Stein rafften.
In den Strängen waren Muster eingearbeitet, die sich in arkanen Glyphen verliefen. Am Horizont zogen jetzt dunkle Wolken auf, die ein Gewitter ankündigten. Kaum hatte er den Stein in einen seiner Beutel gesteckt, zuckten auch schon die ersten Blitze über den jetzt schwarzen Himmel. Misstrauisch stellte er fest, das die Wolken bedrohlicher wirkten als es sonst der Fall war. Die ersten Tropfen fielen auf den ohnehin feuchten Boden und verwandelten ihn innerhalb kürzester Zeit in einen schlammigen Brei, der an seinen Füßen haftete.
Der fallende Regen übertönte jetzt die sonst vorherrschende Geräuschkulisse und das laute Grollen des Donners ließ auch die letzten Vögel verstummen, die sich schützend unter einem der dornigen Büsche niedergelassen hatten und das Ende des Unwetters abwarten würden. Er genoss es durch den erfrischenden Regen zu laufen der an seinen Schuppen abperlte. Wieder fuhren Blitze aus den Wolken herab und erhellten den Himmel. Sanft schob er ein paar Äste beiseite, die einen schmalen Pfad verbargen, der hinter einem alten Baum lag und sich an ein paar Sumpflöchern vorbei schlängelte.
Der Wind, der an Stärke zugenommen hatte entlockte dem alten Riesen wunderliche Gesänge, die wie ein Ruf aus einer fernen Welt klangen. Stapfend lief er den Pfad entlang und verschwand im dichter werdenden Urwald.
Auf dem Tisch wurden soeben mehrere Schalen abgestellt, die Obst beinhalteten. Auch waren Teller mit schmackhaften Braten mit Kräuterkruste angerichtet worden, die nun aufgeschnitten und verteilt wurden. Silberne Pokale mit schwerem Wein rundeten das Ganze ab. Lachend erhoben die geladenen Gäste ihre Becher und prosteten sich sichtlich erheitert zu. Nach kurzer Zeit öffneten sich die schweren Flügeltüren des Speisezimmers und mehrere Frauen mit Körben machten sich daran diese auf dem großen Tisch abzustellen. In diesen war in Scheiben geschnittenes, frisches Brot nachdem gerade mehrere Personen griffen.
An den Wänden des Raumes befanden sich mehrere Gobeline, die Bilder von Schlachten und Landschaften zeigten. An der Wand über dem Kamin hing eine wuchtige goldene Streitaxt, deren Blatt mit Obsidian und Smaragdsplittern übersät war. Seltsame Schriftzeichen überzogen den Griff. Von den Wänden hingen mehrere Leuchter, die den Raum erhellten. Durch eines der Fenster konnte man den kleinen Burghof sehen, der leer da lag. Auf den Burgmauern waren an diesem Abend nur wenige Wachen postiert worden, die gelangweilt da standen und sich nur selten bewegten. Ihre schweren Hellebarden hatten sie längst an die Wehrmauern gelehnt, da es immer noch drückend heiß war.
Wenige Stunden später verließen auch schließlich die letzten Gäste die kleine Burg und wurden von ein paar Wachen begleitet, die sie in die nahgelegene Stadt brachten. Dort hatten sie ihre Quartiere in mehreren Gasthäusern bezogen, da sie es vorgezogen hatten dort zu nächtigen. Nach einer Weile verließ auch ein erschöpft wirkender Mann mittleren Alters den Speiseraum, in dem noch die Bediensteten zu Gange waren. ,, Das war wieder mal eine Orgie heut´ Nacht.´´ entgegnete er später gähnend seiner schon im Bett liegenden Frau, als er sich begann auszuziehen. ,, Das übliche eben.´´ erwiderte sie ihm kichernd. ,, Möchtest du morgen mit mir einen kleinen Ausritt mit mir unternehmen ?´´ ,, Gerne Falk.´´ versicherte sie ihm als sie die Kerze, die neben ihrem Bett auf einer kleinen reich verzierten, hölzernen Kommode stand ausblies.
Seufzend ließ er sich auf seiner Strohunterlage nieder. Seine Gedanken kreisten immer noch um das Artefakt, das er am späten Nachmittag gefunden hatte. Er war mehr oder weniger zufällig über den Abschnitt in einem seiner zahlreichen Folianten gestolpert, in dem es um unentdeckte, steinerne Ruinen ging, die sich unweit der Fundstelle befunden haben sollen, an der er den unförmigen Gesteinsklumpen aufspürt hatte. Knisternd loderte das Feuer in einer der kleinen, bronzenen Schalen, die in den Ecken des Raumes standen.
Er sah sich die Schatten an der Wand an, die in wilden Bewegungen auf und ab tanzten. Unruhig stand er kurz darauf von seinem Lager auf und schritt auf die hölzerne Tür zu, um diese zu öffnen. Als er im dem langem, düsteren Gang stand, der mit schwarzen Marmorplatten ausgelegt war erblickte er flüchtig einen Schemen, der von den Fackeln an eine der Wände geworfen wurde. Auch hörte er Schritte, die aus dem angrenzendem Seitengang kamen. Zögernd ging er um die Ecke und sah kurz darauf eine in eine schwarze Kutte gekleidete Gestalt, die langsam den Gang entlang lief und abrupt stehen blieb. Als die Gestalt umdrehte erkannte er seinen menschlichen Schüler, den er schon seit mehreren Jahren ausbildete.
,, Meister.´´ grüßte der junge Mann den verwundert drein blickenden Achaz der seinen Gang verlangsamte. ,, Kannst du auch keinen Schlaf finden ?´´ erkundigte sich der Achaz. ,, Die Stimmen haben wieder nach mir gerufen.´´ erklärte der junge Mann zaghaft. ,, Ich kann sie manchmal auch hören, wenn das Madamal zu sehen ist.´´ ,, Genau wie in dieser Nacht.´´ schilderte Lurthenor dem Achaz als sie beide ein Stück weiter gegangen waren. Leise konnte man noch die Regentropfen wahrnehmen, die auf das Dach der kleinen Akademie fielen. In dem Bogengang durch den sie wandelten waren auch an manchen Stellen Kristalle angebracht worden, die von Kerzen beleuchtet wurden.
Wenig später standen sie in der großen Eingangshalle, in deren Mitte sich eine steinerne, mit Gold überzogene Statue erhob, die in ihren Krallen einen großen, weiß leuchtenden, Edelstein umklammerte, der die Halle beleuchtete. Sie stellte einen Drachen dar, der allen als Pyrdacor bekannt war und einst über den gesamten Kontinent herrschte und als Gott verehrt wurde. Schweigend standen sie eine Weile davor und liefen dann durch einen weiteren Gang, der in den großen Speisesaal führte. Beide setzten sich an einen der Tische und nahmen sich ein paar verdorben aussehende Früchte aus einer der Schalen, die sich auf dem Tisch befanden.
,, Was lässt euch nicht schlafen ?´´ hakte Lurthenor nach. Der Achaz erwiderte nachdenklich: ,, Dieses Artefakt, dessen Funktion ich nicht verstehe. ´´ ,, Habt ihr Aufzeichnungen, die weiterhelfen könnten ? ´´ ,, Sie sind größtenteils dem Verfall preisgegeben und die spärlichen Überreste enthalten keine genaueren Angaben. ´´Gab Molitor Zsichtor besorgt Lurthenor zu verstehen. Als sie gegessen hatten erklärte er weiter: ,, Ich werde morgen noch mal dorthin reisen und werde dich mitnehmen, wenn du mich begleiten möchtest. ´´ ,, Ich freue mich schon darauf. ´´ entgegnete Lurthenor sichtlich erfreut. ´´ ,, Dann treffen wir uns morgen hier wieder. ´´ bedeutete Molitor müde, als er sich erhob.
Als Molitor wieder in seinem Zimmer angekommen war, bemerkte er, das jetzt mehrere Kerzen im Raum standen, die ein Pentagramm bildeten. Wie erstarrt stand er da und beobachtete, wie aus dessen Mitte rötlicher Rauch aufstieg, der sich langsam verdichtete. Sekunden danach vermeinte er eine Figur ausmachen zu können, die in dem dichtem Rauch still da stand. ,, Ich bin gekommen um dich zu retten. ´´ erläuterte eine tiefe, rauschende Stimme, die aus dem Rauch zu kommen schien. ,, Wer oder was bist du ?´´ versuchte Molitor verunsichert zu erfahren. ,, Das ist nicht von Bedeutung. ´´ erwiderte die Stimme schroff. ,, Ich werde dich übermorgen am Platz der Heiligen erwarten, wenn sich das Madamal zeigt. ´´ bedeutete die unwirkliche Stimme. ,, Ich möchte wissen. ´´ Weiter kam er nicht mehr, da die Person so plötzlich wie sie gekommen war verschwand. Nun begann sich auch der Rauch aufzulösen und die Kerzen erloschen augenblicklich.
Gemächlich ging die Sonne auf und ihre ersten Strahlen tauchten die weiten Wiesen in ein goldenes Licht. Auf den großen Feldern gingen an diesem Morgen schon die ersten Bauern ihrer Tätigkeit nach und die Stallburschen begannen die Pferde zu satteln. Langsam legte er seine leichte Rüstung an und hatte gerade die Schnallen seiner Stiefel geschlossen als er hinter sich eine sanfte Stimme vernahm. ,, Morgen, mein kleiner Raubritter. ´´ ,, Morgen meine kleine Wassernixe. ´´ duzten sie sich. Wenig später führte sie ihr Weg zu den Stallungen, die an den kleinen Burghof angrenzten. Wiehernd wurden sie von ihren Pferden begrüßt, die bereits von den Stallburschen zu ihnen geführt wurden.
Munter stiegen sie auf und ritten langsam auf das Tor zu, welches nun geöffnet wurde. Dann gaben sie ihren Pferden die Sporen und beide galoppierten in Richtung des kleinen Hügels, auf dem man einen wunderbaren Blick über die Landschaft hatte. Als sie angekommen waren stellten sie fest, das in der ferne ein Reiter auf einem schwarzen Warunker herankam. Falk konnte nirgendwo ein Wappen ausmachen, das eine Vermutung geben könnte, woher er kam. Seine Hand umfasste fest den Griff seines Zweihänders.
Als der Fremde heran war, erkannten beide, dass er in eine leichte Lederrüstung gekleidet war und nur einen schweren Dolch als Bewaffnung trug. Schließlich hielt er vor beiden an und rief: ,, Die Zwölfe zum Gruße, Baron von Menzheim. ´´ ,, Rhondra zum Gruße. ´´ entgegnete ihm Falk vorsichtig. ,, Ich habe die Aufgabe euch von der Kaiserlichen Garde eine Botschaft zu überbringen. ´´ bedächtig holte er aus einer seiner Satteltaschen ein gesiegeltes Pergament hervor, das das Siegel des Kaiserreiches trug. Falk nahm den Schrieb entgegen und entnahm diesem, das er nach Gareth gebeten wurde, um sich dort bei einem Oberst von Feuerfaust zu melden. ,, Wann soll ich dort vorstehen ?´´ erkundigte sich Falk. ,, Sie sollten innerhalb einer Woche aufbrechen.´´ beratschlagte der Fremde Falk Rodiak. ,, Warum tragen sie kein Wappen ?´´ ,, Ich war niemals hier.´´ erwiderte der Fremde kurz und ritt von dannen. Verwundert blickte Falk zu seiner Frau und sagte: ,, Geh´n wir ! ´´